Ortsverwaltung Dietersweiler
 
normale Schrift einschalten  große Schrift einschalten  sehr große Schrift einschalten
Suche:
Newsletter:
 

Ansprache des Ortsvorstehers zum Volkstrauertag

16.11.2020

Ansprache des Ortsvorstehers am Volkstrauertag unter  coronabedingtem Ausschluss der Öffentlichkeit, im Beisein von Pfarrer Jochen Weller, der eine kleine Andacht hielt.

 

Liebe Mitbürger,
Wenn ich  ich am heutigen Volkstrauertag unter diesen besonderen Coronabedingungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit von "liebe Mitbürger" spreche, so ist natürlich zunächst unser Pfarrer Jochen Weller gemeint, aber in erster Linie seid es doch Ihr, deren Namen hier auf den Gedenktafeln für die Opfer der beiden Weltkriege zur Erinne-rung und Mahnung für uns Lebende aufgeschrieben sind.
43 Dietersweiler Bürger - Söhne, Brüder, Verlobte, Ehemänner, die Ihr im Schrecken des 1. Weltkrieges Euer Leben verloren habt : in Verdun, an der Somme, in Canny sur Maze vielleicht. - Euer Sterben in den Schützengräben wurde zum Alltag, der Gastod zur Gewohnheit, von Granaten und Maschinegewehrsalven zerfetzte Leiber zum fast täglichen Abbild des Schreckens. Und damit wurden gleichzeitig all Eure Hoffnungen und Träume zunichte gemacht, denn so habt Ihr euch das noch zuhause in Dietersweiler vor dem Einrücken, vor der Bahnfahrt an die Front nach Frankreich nicht vorgestellt. "An Weihnachten sind wir wieder zuhause" , so stand es außen mit Kreide geschrieben auf manchem Zugabteil.
Und all dieses Sterben gipfelte dann einst in einer nichtssagenden Tagesnotiz in der Presse " Im Westen nichts Neues".
Fast die doppelte Anzahl an Gefallenen aus unserem Dietersweiler gab es dann mit 81 gefallenen Dietersweiler Bürgern im 2. Weltkrieg, denn Adolf Hitler wollte mit Euch die Welt erobern, Europa war das Mindeste seiner Forderungen und Wünsche, und Ihr wart dazu ausersehen, seinem Größenwahn zu dienen. - Ihr wurdet getäuscht, verführt, missbraucht und dann im wahrsten Sinne des Wortes durch eine Kugel, eine MG-Salve, eine Granate vielleicht aufs Kreuz gelegt. So sind dann die größenwahnsinnigen Reden Hitlers für Euch Wirklichkeit geworden, wieder auf den Schlachtfeldern  in Frankreich, in Stalingrad, in Sibirien. Ihr habt ihn gesehen und am eigen Körper erlebt ,den totalen Krieg, von dem Göbbels  sprach, Ihr habt ihn gespürt, den totalen Krieg, er hat Euch den Tod gekostet, in Eurem meist erst angefangenen jungen Leben, mit so viel Hoffnung, mit so vielen Erwartungen, mit so viel Liebe für die Zukunft, nach dem Krieg.
Eine Kugel, ein Hinterhalt, ein Granatangriff ließ all Eure Träume in Sekundenbruchteilen platzen. Der Tod ist ein jäher Spielverderber ! Und Ihr wart doch noch so voller Hoffnung.
All Eure Namen sollen aber nicht vergeblich hier stehen, denn Euer Tod wie der Tod von den vielen Millionen Menschen, die die beiden Weltkriege gekostet haben, sollen uns als ständige Mahnung dienen, dass sich diese größte Katastrophe in der Menschheitsgeschichte in Zukunft nicht wiederholen mag. Diese Zahlen dürfen wir nie vergessen:
Die Endbilanz des Zweiten Weltkriegs brachte es  auf  über 55 Millionen Tote und fast 35 Millionen Kriegsversehrte. Wenn wir dazu noch die über 15 Millionen Toten und 21 Millionen Kriegsversehrte aus dem 1. Weltkrieg hinzuziehen, so haben wir nahezu das Grauen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zahlenmäßig erfasst. Und dann habe ich noch nichts gesagt von den über 6 Millionen Toten im Zuge der von den Nazis beschlossenen Endlösung der Judenfrage.
Dies darf nie wieder geschehen, weder in Europa noch in irgendeinem anderen Erdteil dieses Planeten. Dafür stehen auch Eure Namen auf unseren Gedenktafeln: Nie wieder Krieg !
Da wir heute unter diesen Coronabedingungen keinen Posaunenchor zum Spielen des "guten Kameraden" haben, möchte ich Euch den Text des "guten Kameraden" vortragen, denn ich kann mir ganz gut vorstel-len, dass eine gute Kameradschaft für viele von Euch überlebenswichtig war, ein Kamerad, mit dem man sich austauschen konnte, dem man seine Seelennöte mitteilen konnte, der einen trösten und aufbauen konnte, durch Zuhören, durch lange Gespräche, durch sein Lachen, durch seine bloße Anwesenheit. Aber wie schwer muss es für Euch gewesen sein, wenn Euch dieser Kamerad genommen wurde, von dem der Liedtext handelt:

Der gute Kamerad  von  Ludwig Uhland  (1809)
Ich hatt einen Kameraden,
Einen bessern find'st du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen,
Gilt's mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor meinen Füßen,
Als wär's ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib du im ew'gen Leben
Mein guter Kamerad!